Nicht alle Christen kommen in das Himmelreich!
Matthäus 7:21‑23
„Es werden nicht alle, die zu mir sagen:
Matthäus 7:21‑23
Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen,
sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.
Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage:
Herr, Herr, haben wir nicht in deinem
Namen geweissagt? Haben wir nicht in
deinem Namen Dämonen ausgetrieben? Haben wir nicht
in deinem Namen viele Machttaten getan?
Dann werde ich ihnen bekennen:
Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir,
die ihr das Gesetz übertretet!“
Die Sätze Jesu aus der Bergpredigt, werden allzu gern von vielen Christen übersehen und kaum gepredigt. Ein unangenehmer Bibelvers. Es geht um unsere Frömmigkeit, um unser Christsein. Aus diesen Versen können wir lernen, dass nicht alle Wunder göttlicher Natur sein müssen, und dass nicht alle Wundertäter und Prediger göttliche Vollmacht haben.
Zunächst denken wir da an Heuchler, also an Leute, die ihr Christsein nicht ernst nehmen. Herr-Herr-Sager wären dann so etwas wie Ja-ja-Sager: Auch wenn der Heuchler zweimal „ja“ beziehungsweise „Herr“ sagt, meint er es eigentlich nicht so. Leider gibt es viele solche Schein-Christen. Sie sind Kirchenglieder und zahlen Kirchensteuern oder Beiträge, aber mit ihrem Verhalten machen sie deutlich: Ich selbst bin mein Herr, nicht Jesus; der ist nur eine Randfigur in meinem Leben. Aber eigentlich redet Jesus hier von anderen Leuten.
Jesus redet von den Leuten, von den Christen, die durch ihre beeindruckende Spiritualität auffallen. Die öffentlich auftreten und lautstark auf Straßen, Gassen, YouTube und Facebook predigen und sich dabei allzu gerne filmen lassen, wie sie das Evangelium im Sinne Jesu und in Einstimmung mit dem Willen Gottes dieses Evangelium verkündigen. Auf diese Spiritualität, sagt Jesus, werden sie sich im Jüngsten Gericht auch berufen; mit der wollen sie selig werden. Dann werden sie nämlich sagen: „Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen böse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen Wunder getan? Haben wir nicht in deinem Namen das Evangelium auf Straßen, Gassen, YouTube und Facebook gepredigt?“ Nun ist ja eine beeindruckende Spiritualität zweifellos besser als Heuchelei oder Gleichgültigkeit. Trotzdem wird der Weltenrichter Jesus ihnen bezeugen: „Ich habe euch noch nie gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!“
Jesus wendet sich auch an die Schwärmer, also an Leute und an Christen, die gerade mit ihrer übertriebenen Spiritualität das Ziel von Gottes Reich verfehlen. Was ist das Problem? Hören wir noch einmal genau auf den Satz, den Jesus gesagt hat: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“
Es kommt also nicht darauf an, ob jemand voller Eifer irgendwelche religiösen Dinge tut, sondern es kommt darauf an, dass er das Richtige tut – nämlich das, was Gottes Willen entspricht. Zu Jesu Zeiten bildeten sich die Schwärmer ein, sie seien Propheten, Geisterbeschwörer oder Wunderheiler, obwohl Gott sie überhaupt nicht dazu berufen hatte.
Auch heute gibt es viele Christen, die in der Gefahr stehen, sich auf ihre täglichen Livevideos, Livegottesdienste, Heilungsgottesdienste, Livepredigten auf YouTube und Facebook etwas einbilden, dazu auf strenges Fasten und auf andere selbst ausgedachte Werke der Frömmigkeit wie eine „Sündenvermeidung“. Auch heute kommt es vor, dass jemand sich für besonders fromm hält – etwa, wenn er bei der Aktion „Sieben Wochen ohne“ mitmacht oder streng vegetarisch lebt oder sonst irgendwelche selbst ausgedachten Lebensregeln konsequent einhält. Darüber hinaus gibt es auch in unseren Tagen Leute, die als Wunderheiler oder erfolgreiche Prediger berühmt werden und sogar im Fernsehen (YouTube und Facebook) auftreten, die sich aber letztlich nicht an Gottes Willen halten, sondern ihre eigene Religion erfinden. Besser als eigene Spiritualität und Frömmigkeit ist es, auf den Willen des himmlischen Vaters zu achten und ihn zu tun. Genau das haben zu Jesu Zeiten viele Juden mit größter Sorgfalt versucht. Trotzdem scheiterten sie damit.
Und Jesus wendet sich an die Pharisäer, also an Leute, die mit großem Eifer und bis in die kleinsten Einzelheiten hinein Gottes Gesetz erfüllen wollen. Es gibt durchaus christliche „Pharisäer“, auch heute noch – sie sind zahlreich auf YouTube und Facebook zu finden. Sie wissen ganz genau, was Gott geboten hat, und reiben es auch ständig ihren Mitmenschen unter die Nase. Sie meinen es sehr ernst mit Gottes Gesetz und geben sich große Mühe, aber sie tun es verbissen und ohne Freude. Wenn sie ehrlich mit sich wären, müssten sie feststellen, dass sie trotz ihrer großen Mühe immer wieder Gottes Willen verfehlen. Jesus sagte seinen Jüngern ebenfalls in der Bergpredigt: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (Matthäus 5:20). Wenn die Pharisäer ehrlich mit sich wären, müssten sie zugeben: Wir sind auch nur solche Herr-Herr-Sager, denen es nicht wirklich gelingt, den Willen des Vaters im Himmel zu tun. Woran liegt das? Was fehlt ihnen zur Seligkeit? Mir fällt dazu das sogenannte „Hohelied der Liebe“ im 1. Korintherbrief ein: „Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir‘s nichts nütze“ (1. Kor. 13:3). Weil Pharisäer Gottes Willen lieblos und selbstgerecht erfüllen wollen, darum verfehlen sie ihn. Denn Liebe ist besser als Dienst nach Vorschrift, als sture Gebots-Einhaltung.
So denken wir viertens an die Liebenden – nicht an Liebespaare und Verliebte, sondern an Leute, die Jesus Christus von ganzem Herzen lieb haben und die darum auch ihre Mitmenschen lieben wie sich selbst. Nur die Liebe ist in der Lage, Gottes Willen zu tun. Jesus hat als größtes und wichtigstes Gebot gelehrt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften… Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12:30‑31). Und der Apostel Paulus schrieb im Römerbrief: „So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung“ (Römer 13:10). Wie solches Leben voller Liebe aussieht, das hat Jesus in seiner Bergpredigt ausführlich entfaltet. Er hat darin echte Liebe gefordert, Bruderliebe und Feindesliebe, vergebende Liebe und barmherzige Liebe – letztlich vollkommene Liebe, so wie der himmlische Vater selbst vollkommen liebt. Nur wer so vollkommen liebt, handelt nach Gottes Willen. Und gegen Ende eben dieser Bergpredigt hat Jesus dann den Satz gesagt, den wir gerade bedenken: „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“ Da werde ich traurig, denn ich merke: So lebe ich nicht, solche Liebe habe ich nicht. Heißt das, dass ich mit meiner kleinen und unvollkommenen Liebe auch zu denjenigen Herr-Herr-Sagern gehöre, die den Willen des Vaters verfehlen und deswegen nicht ins Himmelreich gehören? Ich gestehe: Um selig zu werden, bräuchte es eine bessere Liebe und Gerechtigkeit, als ich sie aufbringen kann. Und vielen anderen geht es ebenso.
So denken wir schließlich an die Kapitulierenden, also an Leute, die im Hinblick auf ihre eigene Gerechtigkeit Insolvenz anmelden müssen bei Gott. Wir verfehlen Gottes Gebote, und es mangelt uns an der nötigen Liebe. Ja, eine bessere Gerechtigkeit muss her – besser als die der Heuchler, besser als die der Schwärmer, besser als die der Pharisäer, besser sogar noch als die der unvollkommen Liebenden. Gott sei Lob und Dank: Es gibt diese bessere Gerechtigkeit! Das ist freilich nicht unsere eigene Gerechtigkeit, sondern es ist die Gerechtigkeit unsers Herrn Jesus Christus. Er hat Gottes Gesetz bis zum letzten Tüpfelchen erfüllt, denn er liebt vollkommen. Mit diesem Gehorsam und mit dieser Liebe hat er sich auf jenen Weg gemacht, an den wir in der Passionszeit- und Fastenzeit besonders denken: seinen Leidensweg, den Weg ans Kreuz. Er hat es getan, damit gerade wir selig werden, die Kapitulierenden.
Weil wir und alle anderen Herr-Herr-Sager es nicht schaffen, Gottes Willen selber zu erfüllen, hat er ihn stellvertretend für uns erfüllt. Noch in der Nacht vor seinem Sterbetag hat er in Todesangst gebetet: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ (Matthäus 26:39). Lieber Bruder, liebe Schwester, wenn du Gewissheit suchst, ob du zum Himmelreich gehörst und selig wirst, dann geht das nicht mit deiner eigenen Gerechtigkeit, sondern dann geht das nur mit der Gerechtigkeit und Liebe Christi. Es geht nur so, dass du im Blick auf deine eigene Gerechtigkeit kapitulierst und sagst: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lukas 18:13)
Mit anderen Worten: Herr, Herr, erbarme dich über mich und rette mich! Wer so vor Gott kapituliert, ist ein Herr-Herr-Sager, dem Jesus das Himmelreich nicht verweigert, sondern dem er es im Gegenteil fest verspricht. Wer so vor Gott kapituliert, der hat den rechten christlichen Glauben. Wer so vor Gott kapituliert, der erfüllt damit den Willen des himmlischen Vaters vollkommen. Denn Jesus hat auch gesagt: „Das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage“ (Joh. 6:40).
Deshalb will ich Jesus bitten: Herr Jesus, hilf mir, dass ich nicht beim Einsatz für dich meine eigene Ehre suche. Ich will auf deinen Willen eingehen und dich für alles ehren, was du dann tust. Auch möchte ich zu dir nicht nur „Herr“ sagen, sondern will, dass du in meinem Leben wirklich das Sagen hast. Danke, dass du mir dazu die Kraft gibst.
Herkunft: https://evangelischerglaube.de