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Der HERR ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

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Folgende Gedanken erstellt von: Kardinal Christoph Schönborn (26.04.2015) :
https://www.erzdioezese-wien.at

Schafe auf der Weide

Welcher ist Ihr liebster Psalm? Auf diese Frage bekomme ich immer wieder die Antwort: Der Psalm, der beginnt: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.“ Ja, der 23. Psalm spricht viele Menschen ganz persönlich an. „Der Herr ist mein Hirte … Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser … Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; Denn du bist bei mit, dein (Hirten-)Stock und dein Stab geben mir Zuversicht …“

Warum spricht gerade dieser Psalm vom guten Hirten so viele Menschen an? Auch für mich ist er eines der liebsten Gebete aus der Bibel. Für die meisten Menschen ist das Bild vom Hirten doch etwas sehr Fremdes geworden. Wer in der Stadt lebt, hat wirklich Erfahrung damit? Und selbst am Land ist eine Schafherde, die sich um ihren Hirten schart, etwas ganz Seltenes geworden. Noch dazu möchten die Wenigsten als Schafe bezeichnet werden. Wieso spricht das Bild dennoch an?

Für die Welt, in der Jesus gelebt hat, waren Hirt und Herde eine ganz tief im Leben verankerte Wirklichkeit. Durch Jahrhunderte, ja wohl Jahrtausende war das Zusammenleben von Mensch und Tier völlig selbstverständlich. Bis in meine Kindheit gehörte, zumindest am Land, diese Nähe zum Alltag: die Hühner, das Krähen des Hahnes, die Kühe, der Stall des Nachbarbauern, in dem wir beim Melken (natürlich noch ohne Melkmaschine) zusahen, um dann die frische Milch in der eigenen Kanne nach Hause zu bringen. Die Kühe kannten den Bauern, und er nannte jede bei ihrem Namen … In unserer weitgehend industrialisierten Landwirtschaft ist das alles ferne Vergangenheit…

Heute ist das für uns Menschen so lebenswichtige Miteinander vielfach noch durch die Haustiere erfahrbar: die Katze, der Hund, der Kanarienvogel, der Hamster. Oft kommt es da zu einer großen gegenseitigen Vertrautheit, die das Wort Jesu über Hirt und Herde ganz gut verständlich macht: „Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“

Mensch und Tier gehören zusammen. Das gibt dem Bild vom guten Hirten auch heute noch solche Anziehungskraft. Eines bleibt aber an Jesu Worten doch überraschend. Er bezeichnet sich selber als „der gute Hirt“. Er nennt sich nicht bescheiden als ein Hirte unter anderen, sondern mit großer Ausschließlichkeit als „der gute Hirt“. Ist das nicht anmaßend? Doch passt diese Aussage zu vielen anderen Worten, in denen Jesus sich selber so ganz entschieden als den Einzigen hinstellt. So nennt er sich „das Licht der Welt“, nicht ein Licht neben anderen. Oder: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, und macht damit klar, dass er sich nicht als ein Weg unter vielen anderen sieht; oder als eine der Wahrheiten, die irgendwie miteinander auskommen müssen. Ist das nicht gefährlich? Ja, das kann sehr gefährlich werden, wenn ein Mensch wie Adolf Hitler sich als „der Führer“ im ausschließlichen Sinn bezeichnet und dann auch noch alleine und einzig das Heil verspricht.

Aber das ist bei Jesus anders: „Ich gebe mein Leben hin für die Schafe.“ Das macht den guten Hirten aus. Er lässt die Schafe nicht im Stich. Er ist für sie da, mit seinem ganzen Leben. So ist Jesus für mich Hirte. Bei Ihm bin ich geborgen. Deshalb kann ich mit dem Psalm vertrauensvoll zu Ihm sagen: „Du bist bei mir!“

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